Es war Nacht. Obwohl der Himmel wolkenlos war, war es vollkommen dunkel. Es war nicht wie die Abwesenheit von Licht, es war vielmehr, als hätte es nie Licht gegeben.
Bei allem, was ich je sagte, bei allem, was ich je tat, war immer irgendein anderes Wesen beteiligt. Somit ist es nicht mehr meine Geschichte, es ist unsere. Meine Geschichte ist die Geschichte all jener, die je in mein Leben getreten sind.
Erschöpft ließ sich Fjalla nach hinten sinken. Einen Moment blieb er still auf dem Bett liegen, dann kämpfte er sich seufzend wieder hoch. Er war noch nicht fertig, doch der anstrengenste Teil war getan.
Lif lief durch die engen Gassen einer Stadt. Es war Altena, das hatte er sofort erkannt, und das verwunderte ihn ein wenig. Wie zur Hölle kam er von einer Höhle, die zwischen den Wurzeln eines Baumes lag in die Hauptstadt von Altena? Es ergab einfach keinen Sinn.
Es war mitten in der Nacht. Nur das leise murmeln eines kleinen Baches war zu hören, und das Rauschen des Windes, der in den Baumwipfeln spielte. Der Mond schien voll und golden hoch am Himmel und Tausende und aber Tausende Sterne erhellten das Wasser, den Wald, die Wiesen.
»Len, was muss ich tun, damit du einen alten Freund ins Haus holst, statt ihn die Nacht vor der Tür frieren zu lassen?«, rief die Stimme erneut, während der Rabe hinunter flatterte.
»Duncan, du sollst zu Vater kommen, er will dich in einer wichtigen Angelegenheit sprechen.« Ares hatte die Tür schon wieder hinter sich geschlossen, bevor Duncan auch nur einen Moment Zeit hatte, sich nach seinem Bruder umzudrehen. So starrte er nun verwundert die Tür an.
Ich warte auf den Tag, an dem mir ein wirklicher Freund die Tränen wegwischt und sagt: »Du brauchst nicht zu weinen, denn du bist nicht mehr einsam. Ich bleibe immer bei dir. Gemeinsam bis ans Ende der Welt.«
Ja, er war der Winter. Es war der Winter, der auf mich wartete, und den ich niemals zu berühren gewagt hätte. Da hob er den Kopf und begann mit seinem Lied, mit dem Lied der Einsamkeit und des Todes, voll grausamer Schönheit.
Liebste Serafina,
ich schreibe dir nun, um dir eine deine Frage zu beantworten, die du mir stelltest, vor scheinbar so langer Zeit in einer Welt, die mir so fern erscheint, obwohl sie immer noch dieselbe ist.
Sie wurde tausendfach verändert, es wurden Details hinzugefügt oder weggelassen, und mit der Zeit geriet in Vergessenheit, dass diese Geschichte niemals eine Mär war. Heute nun ist es für die Völker nur eine Legende.
Mir auch nicht, aber ich fühle es dennoch. Ich stelle mich vor, und doch schreit alles in mir, das es eine Lüge ist, dass nicht ein Wort von dem wahr ist, was ich sage.
Wie heiße ich? Wer bin ich? Was tue ich hier? Ich glaube, ich suche etwas. Einen Gegenstand? Eine Person? Ein Wort vielleicht? Nein, ich glaube, es war etwas anderes. Doch was ist es gewesen? Ich habe es vergessen.
Denn mein Herz fragte sich nicht, was dieses Wort bedeuten sollte, mein Herz wusste nur, das dieses eine Wort verzweifelt versuchte, etwas auszudrücken, wofür es einfach kein Wort gibt.
Hope ließ das Glas kreisen und beobachtete die gelbbraune Flüssigkeit, bevor er sie mit einem Zug hinabstürzte. Er kniff die Augen zusammen, als die feurige Flüssigkeit seine Kehle hinab rann und dabei in seinem Hals brannte.
Am Anfang der Welt stehen die Drachen. Sie sind der Anfang und das Ende. Keiner weiß, woher sie kamen, oder wohin sie gehen werden, doch das sie Beginn und Abschluss, Geburt und Tod sind, liegt jenseits jeden Zweifels.
Sie waren immer schon hier. Wir erkennen sie nicht immer, und manchmal wissen sie es selbst nicht, aber da sind sie immer. Sie sind unterschiedlich wie Tag und Nacht, es gibt keine zwei, die sich wirklich ähneln, selbst dann nicht, wenn es Geschwister sind.
Stille. Und Dunkelheit. Nur dies war es, was um Luna herum herrschte. Wie sollte es auch anders sein? Mitternacht war schon seid Stunden vorbei und außer ihr war vermutlich keiner mehr auf den Beinen. Schon gar nicht in der Nacht vor dem großen Karneval.
Rakel schloss die Augen und lauschte. Es war nicht das erste mal, das sie ihn spielen hörte, im Gegenteil, doch für sie war jedes mal, wenn er flink mit seinen Fingern über die Tasten fuhr, als wenn sie ihn das erste mal spielen hörte.
„Justin, bist du da? Geh mal bitte ans Telefon, wenn du da bist… ja, okay, ich merke schon, du bist nicht da. Komm bitte um vier in die Eisdiele, ich muss dir was sagen“, ertönte die vertraute Stimme Melodys aus dem Anrufbeantworter.
„Noch ein letzter Schlag, dann habe ich ihn...”, nuschelte Justin vor sich hin und zermarterte wie ein Besessener den Kontroller seiner Konsole. Er hackte auf ihr herum, als ginge es um sein Leben. Dann, plötzlich, schrie er auf, wie ein verwundetes Tier.
Polara zog seinen dicken Umhang noch ein wenig fester um seine Schultern, doch der Wind biss umbarmherzig weiter und auch die Kälte, die sich schon vor Stunden in jeden einzelnen Knochen seines Körpers gegraben hatte, spürte er jetzt noch ebenso sehr, wie zuvor auch.
Der stürmische, peitschende Wind zerzauste das feuerrote Haar des jungen Mannes, der nun schon seid einer geraumen Weile am Bug des alten Dampfers stand.